Die Österreichische Schule und Gold

„Gold ist die Anlage die kein konventionell ausgebildeter Finanzanalyst versteht. Gold fehlt es an den wesentlichen Eigenschaften von Einkommensvermehrung. Gold hat keine Erträge, keinen Dividendenstrom, keine Dividendenzahlungen und keine Konferenzgespräche – wir können nicht das Management anrufen und über Unternehmensführung sprechen, denn Gold ist ein Teil des Periodensystems.“

Jim Grant

Das Vertrauen in die Stabilität und die zukünftige Kaufkraft des Geldes ist wesentlich für seine Brauchbarkeit als Tauschmedium. In seiner Habilitationsschrift „Die Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel“ hat Ludwig von Mises ein hartnäckiges zirkuläres Argument der Wirtschaftslehre mittels deduktiver Beweisführung gelöst. Das zirkuläre Argument war: „Menschen fragen Geld nach weil es Kaufkraft besitzt, und es hat Kaufkraft weil sie es nachfragen.“ Diese Feststellung ist natürlich eine Tautologie. Mises führte daher den Faktor Zeit in sein Konzept ein. Seiner Ausführung nach hängt die Erwartung der künftigen Kaufkraft des Geldes wesentlich vom Wissen über seine gegenwärtige Kaufkraft ab. Die heutige Kaufkraft kann wiederum durch die Kaufkraft von gestern erklärt werden. Am Ende der Regression müssen wir daher ein Gut finden, das weithin gebraucht wurde und einen industriellen Verwendungszweck hatte, d.h., wir kommen zu dem Zeitpunkt bevor es zu Geld wurde. Dies bedeutet, dass sich Geld aus einem konkreten Gut entwickelt hat, das einen Gebrauchswert besitzt. Das beinhaltet auch die Nachfrage für Schmuck, und daher Gold.

Laut Mises können nur Güter mit einem weithin akzeptierten Gebrauchswert zu einem allgemein akzeptierten, natürlichen Geld werden.  Gold und Silber wurden bereits zur Schmuckherstellung verwendet bevor sie ihre monetären Funktionen übernahmen. Wenn ein Gut einmal als Tauschmedium verwendet wird, dann wird sein Tauschwert der wichtigste Faktor, der es Menschen erlaubt es in ihre persönlichen Wertskalen zu integrieren.

Das Vertrauen in die Stabilität und künftige Kaufkraft ist wesentlich für die Brauchbarkeit eines Geldes als Tauschmittel. Gemäß Regressionstheorem vertrauen Menschen nur in Geld, wenn ein gewisser Grad von Sicherheit bezüglich seines künftigen Angebots besteht und daher auch bezüglich seiner künftigen Kaufkraft.

„Gold wurde nicht willkürlich von Regierungen zum monetären Standard erkoren. Gold hatte sich über viele Jahrhunderte als das beste Geld im freien Markt entwickelt; als das Gut welches das stabilste und begehrenswerteste monetäre Medium lieferte.“

Murray Rothbard

Warum haben sich Gold und Silber über Jahrhunderte als Geld durchgesetzt? Roy Jastram beruft sich in seiner Erklärung auf zwei (auch anthropologisch beweisbare) menschliche Grundbedürfnisse: die Wertschätzung von Schönheit und der menschliche Wille zum Überleben. Die beiden Metalle befriedigen daher zwei Bedürfnisse, die sich am Fundament und an der Spitze von Maslow’s Bedürfnispyramide befinden. 

Diese beiden Bedürfnisse sind heute ebenso stark, wie sie es vor tausenden von Jahren waren. Dr. Bernard Pacella, der ehemalige Präsident der Amerikanischen Gesellschaft der  Psychoanalyse, betont, dass der Überlebenstrieb der stärkste Trieb in der Natur ist. Gemäß Pacella beherrscht das persönliche Überleben (und seinerseits wieder das Überleben der Spezies) alles andere. Wenn man diesen Gedanken weiterführt, stellen die Absicherung von Ersparnissen und die Erwartung eine Belohnung für diesen Aufschub des Konsums zu erhalten, ebenfalls elementare Bedürfnisse dar. Das erklärt auch den Bedarf an einem stabilen Träger von Ersparnissen.

„…die marktfähigsten Güter werden nach und nach als Tauschmittel selektiert werden. Umso mehr sie als Tauschmittel erkoren werden, desto mehr wird die Nachfrage nach ihnen steigen, womit sie noch marktfähiger werden…irgendwann werden ein oder zwei Güter als allgemeine Tauschmittel verwendet…und diese nennt man dann Geld.“

Murray Rothbard

 

Was sind die wesentlichen Voraussetzungen für Geld?

  • es muss leicht in standardisierte Einheiten teilbar sein
  • es muss frei übertragbar sein
  • es muss leicht zu transportieren sein
  • es muss haltbar und nahezu unzerstörbar sein
  • es benötigt eine lange Erfolgsgeschichte universaler Akzeptanz
  • es muss leicht erkennbar sein und bestimmte Kriterien erfüllen, die leicht nachprüfbar sind
  • es muss eine hohe Wertdichte besitzen (d.h., einen hoher Wert relativ zu Gewicht und Menge)
  • die existierenden Bestände müssen groß relativ zu der jährlichen Erhöhung des Bestandes sein (hohes „stock-to-flow“-Ratio)
  • die Lagerkosten müssen niedrig sein
  • die Transportkosten müssen niedrig sein
  • und zu guter Letzt muss es gegen willkürliche Vervielfältigung immun sein.

Es gibt zahlreiche Güter, die viele dieser Kriterien erfüllen, doch nur Gold und Silber erfüllen alle davon.

 

„Geld ist ein Tauschmittel. Es ist das absatzfähigste Gut, welches Menschen erwerben weil sie es später einmal gegen andere Güter tauschen wollen…das ist seine einzige Funktion. Alle anderen vermeintlichen Funktionen des Geldes sind lediglich Sonderfälle seiner primären und einzigen Funktion, der eines Tauschmittels.“

Ludwig von Mises

 

Wir glauben, dass das hohe Verhältnis von insgesamt existierendem Gold (Bestand=stock) im Verhältnis zu neu gefördertem Gold (Fluss=flow) den wichtigsten Grund für die monetäre Relevanz von Gold und Silber darstellt. Paradoxerweise ist Gold nicht knapp – das Gegenteil ist der Fall: es ist eines der am weitesten verbreiteten Güter der Welt. Da seine industriellen Anwendungen begrenzt sind, ist das Gros des jemals produzierten Goldes nach wie vor verfügbar. Die Wiederaufbereitung von existierendem Gold stellt einen weitaus größeren Teil des Angebots dar, als das bei anderen Rohstoffen der Fall ist. Deshalb können auch Ausweitungen bzw. Engpässe der Goldproduktion leicht vom Markt absorbiert werden. Wir glauben daher, dass Gold nicht so wertvoll ist weil es extrem selten ist, sondern es wird als so wertvoll eingeschätzt, weil die jährliche Produktion so gering im Vergleich zum Bestand ist. Dieses Merkmal wurde im Lauf von Jahrhunderten erworben und kann nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Existierender Bestand relative zum jährlichen Fluss: Die Bestands-zu-Flussgröße als der wichtigste Faktor für die monetäre Relevanz von Gold und Silber

Quelle: Incrementum AG

Die weltweiten Goldreserven wachsen im Durchschnitt um etwa 1,5% pro Jahr und daher wesentlich langsamer als die meisten Geldaggregate. Diese Wachstumsrate liegt in etwa in Einklang mit dem Wachstum der Weltbevölkerung. Das Vertrauen in die gegenwärtige und künftige Kaufkraft des Geldes oder eines jeden Zahlungsmittels hängt nicht nur davon ab, wie viel davon im Moment zur Verfügung steht, sondern auch davon, um wie viel sich seine Menge im Lauf der Zeit verändern wird. Sollte die Minenproduktion um 100% steigen (was äußerst unwahrscheinlich ist), dann würde dies lediglich zu einem Anstieg der jährlichen Wachstumsrate auf 3% führen. Diese Tatsache schafft ein Gefühl der Sicherheit bezüglich künftigen Zuwächsen des Angebots und verhindert eine natürliche Inflation.

Nichtsdestotrotz gab und gibt es in der Geschichte der Menschheit zahlreiche Beispiele von Autokraten oder Regierungen, die ihr Volk gesetzlich dazu zwingen, staatliches Geld zu verwenden. Diese Art von Geld wird oft als Fiatgeld (oder auch Giralgeld, Rechengeld, Zeichengeld) bezeichnet. Der Begriff kommt aus dem Lateinischen „fiat“ („so sei es“). Fiatgeld wird dann Geld, wenn die Legislative eines Staates es zum Geld erklärt. Heutzutage sind Zentralbankgelder, wie der Euro oder der US Dollar, Fiatgeld.

Im Laufe der Geschichte haben Fiat-Währungen zu hoher Inflation geführt, und somit unweigerlich zu einer Geldreform. Es scheint, dass mangels der Restriktionen die Gold auferlegt, die Versuchung das Geldschöpfungsprivileg zu missbrauchen irgendwann zu groß wird um ihr zu widerstehen.

 

„Die Vereinigten Staaten können jedwede Schuld die sie haben bezahlen, denn wir können immer das nötige Geld drucken um das zu tun. Die Wahrscheinlichkeit einer Zahlungsunfähigkeit ist null.“

Alan Greenspan, August 2011

Nächstes Kapitel: August 1971: Der Beginn des weltweiten Papiergeldsystems

 

Footnotes
7 Siehe auch: “In Gold we Trust” 2012, Erste Group Research, Ronald-Peter Stoeferle,xy